Fliesen selbst verlegen – Ja oder nein?

Fliesen selbst verlegen – Ja oder nein?

Wer regelmäßig in Sozialen Medien aktiv ist oder durch verschiedene Ratgeber schmökert, stößt früher oder später auf den Hashtag bzw. die Abkürzung DIY. DIY steht für DO IT YOURSELF. Sie bedeutet übersetzt „Selbst machen“ oder „Selber machen“. Selbst Anpacken und die Wohnung oder das Haus renovieren liegt im Trend. So finden sich auch zahlreiche Einträge zum Thema “Fliesen selbst verlegen”, ob ja oder nein und welche Vor- bzw. Nachteile dies hat.

Fliesen selbst verlegen - ja oder nein?
Fliesen selbst verlegen – ja oder nein?

Was in der Literatur, in Ratgebern oder in Videos in der Theorie einfach erscheint, kann sich jedoch in der Praxis als große Hürde erweisen. Nicht immer reichen handwerkliches Geschick oder Erfahrung aus, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Bei vielen handwerklichen Tätigkeiten handelt es sich um Ausbildungsberufe mit zwei bis dreijährige Lehrzeit. In dieser Zeit erlernen Handwerker die notwendigen Fertigkeiten. Viele Menschen neigen dazu, ihre eigenen Fertigkeiten nach Video- oder Ratgeberstudium zu überschätzen. Sie meinen, qualitativ gleichwertige Arbeit wie ein gelernter Handwerker verrichten zu können. Für einige Arbeiten mag diese Einschätzung durch entsprechende Vorkenntnisse zutreffen. Allerdings erweist sich diese bei vielen Arbeiten als Trugschluss.

Hier gilt das altbekannte Sprichtwort: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“. Damit ist gemeint, sich bei gesunder Selbsteinschätzung auf die Arbeiten zu konzentrieren, die man sich sicher zutraut.

Weil es wie bereits angesprochen Ratgeber zum Fliesen selber legen mit allen vermeintlichen Tipps und Tricks zu genüge gibt, möchten wir an der Stelle auch keinen weiteren Ratgeber verfassen. Vielmehr möchten wir die Vor- und Nachteile aufzählen, sodass jeder, der seine Badfliesen austauschen und die neuen Fliesen selbst verlegen möchten, entscheiden kann, ob dieses Vorhaben sinnvoll ist oder nicht.

Fliesen selber verlegen: Vorteile

Das wohl häufigste Argument für das Fliesenverlegen in Eigenleistung sind die Kosten für einen gelernten Fliesenleger bzw. Handwerker. Bei einem Blick auf ein Angebot bzw. Kostenvoranschlag stechen vielen Leuten sofort die Lohnkosten ins Auge. Diese machen häufig den Großteil der Gesamtkosten aus. Wer über die erforderlichen Skills verfügt, kann hier bares Geld sparen.

Unter dem Aspekt von DIY verbinden viele Leuten mit Fliesen selbst verlegen auch den Wunsch nach Selbstverwirklichung. Sich hinterher hinstellen zu können und zu sagen: Das haben wir selbst gemacht verschafft im Freundes- oder Bekanntenkreis Respekt und Anerkennung. Es erfüllt die eigene Brust mit Stolz. Ein gesteigertes Selbstwertgefühl und die Gewissheit unbekannte Probleme meistern zu können, können auch positive Auswirkungen auf weitere Lebensbereiche haben.

Weiterer Vorteil von DIY Fliesen legen ist die dabei freie Zeiteinteilung. Die Arbeit kann bequem nach dem Feierabend oder an den Wochenenden ausgeführt werden. D. h. Urlaubstage oder Überstunden müssen nicht zwingend für die Dauer, in der Fliesenleger bzw. Fachbetrieb tätig sind, verbraucht werden.

Mit der freien Zeiteinteilung geht einher, dass die Intimsphäre der eigenen vier Wände gewahrt bleibt. Viele Menschen empfinden es als unangenehm, wenn Handwerker in der Wohnung oder im Haus persönliche Dinge entdecken könnten. Auch die Angst vor Langfingern oder Drückerkolonnen erweist sich in manchen Fällen als nicht unbegründet.

Fliesen selbst verlegen: Nachteile

Ausbildungsberuf

Fliesenleger/in ist ein Ausbildungsberuf. Das, was Ausbildende über mehrere Monate hinweg in Theorie und Praxis erlernen müssen, kann nicht in einigen Stunden Video-Tutorial oder Lektüre von Ratgebern erlernt werden. D. h. es fehlen Materialkenntnisse. Vor allem mangelt es an Übung im Fliesenverlegen. Hohl liegende Fliesen oder brüchige Fugen ermöglichen Feuchtigkeit ins Mauerwerk einzuziehen. Dort kann es zu Schimmelbildung kommen und / oder das Mauerwerk wird durch permanente Feuchtigkeit dauerhaft geschädigt.

Förderfähigkeit

Weiterer Nachteil ist, dass anfallende Kosten nicht förderfähig sind. Mit den Pflegekassenzuschuss beispielsweise fördern Pflegekassen die alters- und pflegerechte Badsanierung. Hierzu gehört auch das Verlegen neuer Boden- oder Wandbeläge, wie z. B. leicht zu reinigender und somit hygienischer Fliesen, die zugleich eine optimale Rutschfestigkeit bieten. Voraussetzung hierfür ist jedoch in den Förderbedingungen, dass die Arbeiten durch einen zertifizierten Fachbetrieb durchgeführt werden. Weil ein solcher Zuschuss nicht zurückbezahlt werden muss, ergibt sich so eine andere Kostenbetrachtung.

Werkzeugkosten

Unter Kostengesichtspunkten müssen auch die Kosten für Schneidwerkzeug, Rührgerät, Kellen, Wasserwaagen oder Knieschoner berücksichtigt werden. Ein professioneller Fliesenleger nutzt sein Werkzeug über einen langen Zeitraum. So verteilen sich seine Kosten auf mehrere Badsanierungen . Demgegenüber stehen beim Fliesen selbst verlegen sehr viel höhere Fixkosten bzw. Werkzeugkosten, weil das Werkzeug nur einmalig bzw. wenige Male genutzt wird.

Optik

Schließlich richtet sich der Blick auf das nicht zu vernachlässigende optische Endergebnis. Während über selbstverlegte Fliesen mit unterschiedlich breiten Fugen oder über einzelne hervorstehende Fliesen im Keller oder der Garage hinweggesehen werden kann, ist das Ärgernis groß, wenn z. B. beim Betreten des Bades erhebliche optische Mängel hervorstechen. Hinzu kommt, dass Bad-, Ess- oder Wohnbereich auch von Gästen betreten werden und so Selfmade-Fliesenleger in manchen Fällen Hohn und Spott gewiss sind.

Haftung

An mögliche entstehende technische und optische Baumängel knüpft als weiterer Nachteil die fehlende Haftung eines Fliesenlegers an. Ein seriöser Fliesenleger bzw. Fachbetrieb bespricht in der Regel das Bauvorhaben bzw. Projekt. Er dokumentiert dieses und führt im Anschluss eine Bauabnahme durch. Treten dann zumindest optische Baumängel in Erscheinung, kann Nachbesserung verlangt werden. Auch für technische Baumängel wie z. B. beschädigte Leitungen haftet in der Regel bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Beschädigung der Fliesenleger. D. h. er muss auch hier (kostenlos) nachbessern. Beim Fliesen selbst verlegen muss der Hobbyhandwerker die Kosten für Reparatur bzw. Nachbesserung selbst tragen. Oft sind diese Kosten dann höher als die zuvor vermeintlich eingesparten Kosten.

Fazit Fliesen selbst verlegen – Ja oder Nein?

„Schuster, bleib bei deinen Leisten“ – Was für das Verlegen von Wasserrohren oder Elektrik Kabeln gilt, sollte nach unserem Dafürhalten auch für das Fliesenlegen gelten. Fliesenlegen bedarf Erfahrung und Know-how und erfordert teilweise großes handwerkliches Geschick. Fehler, die zu optischen Mängeln führen, sind zwar vielleicht noch akzeptabel, aber durch Fehler das Mauerwerk bzw. die Bausubstanz nachhaltig schaden nehmen, überwiegen die Kosten für Sanierung und Reparatur die eingesparten Handwerkerkosten.

Letztlich ist die Entscheidung für das Fliesen selber verlegen aber jedem selbst überlassen. Manche Menschen verfügen z. B. als Estrichbauer über einen handwerklichen Hintergrund, sodass das Fliesenlegen „verwandt“ ist und womöglich leichter von der Hand geht. Für andere hingegen stellt dies eine völlig neue, fremde Tätigkeit dar, sodass der professionelle Fliesenleger hier als vermeintlich bessere Alternative zum DIY Fliesenlegen erscheint.

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