Corona Impfpflicht – Was spricht dafür? Was spricht dagegen?

Seit einigen Tagen (Stand Mitte Januar 2021) debattieren führende Politiker über die Einführung einer Corona Impfpflicht für Pflegekräfte. Trotz stetiger Kontakteinschränkungen liegen Corona-Infektionen und Todesfälle über festgelegten Grenzwerten.

Debattiert wird vor dem Hintergrund der Überlegung, dass vor allem ältere, pflegebedürftige Menschen mit geschwächtem Immunsystem besonders häufig unter einem schweren Verlauf einer Corona-Erkrankung leiden. Dies korreliert mit der Corona-Impfstrategie, zunächst alte Menschen und jene, die Risikogruppen angehören zu impfen. Bei diesen Personengruppen gibt es große Schnittmengen zur Personengruppe, die von Pflegekräften, ob ambulant oder stationär gepflegt und betreut werden. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, d. h. um zu verhindern, dass Pflegekräfte als Multiplikatoren des Corona-Virus wirken und um gleichzeitig Menschen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, zu schützen, entstand vor allem auf Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Söder die Idee einer Corona-Impfpflicht (Quelle: Tagesschau.de: Kritik an Söders Impfpflicht-Idee v. 12.01.2021)

Corona Impfpflicht - Ja oder Nein?
Corona Impfpflicht – Ja oder Nein?

Kritik

Kritik an diesem dauerte nicht lange. Bundesgesundheitsminister Spahn erklärte in diesem Zusammenhang, dass es während dieser Pandemie keine Impfpflicht geben würde (Quelle: Welt.de: Nach Söders Vorstoß wird Jens Spahn deutlich – „Ich habe mein Wort gegeben“ v. 13.01.2021).

Auch wenn nach Aussage des Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus führende Pflegewissenschaftler sich in einer Stellungnahme zur Nutzen-Risiken-Abwägung zwischen Erkrankung und Impfung für eine Impfung aussprachen (Quelle: Aerztezeitung.de: Debatte über Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte entbrannt v. 12.01.2021), so bleibt abzuwarten, inwieweit insbesondere die geforderte Aufklärung über die verschiedenen Impfstoffe und deren Langzeitfolgen zum von der Politik gewünschten „Impfverhalten“ unter Pflegekräften führt oder ob dies Diskussion über eine Corona-Impfpflicht neu aufkeimt.

Festzuhalten bleibt bis hierhin, dass die Diskussion um eine mögliche Corona-Impfpflicht emotional stark aufgeladen und hochsensibel ist. Dies gilt nicht nur für eine mögliche Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte, sondern auch für eine mögliche allgemeine Impfpflicht.

Deswegen möchten wir an dieser Stelle das Für- und Wider einer Impfpflicht diskutieren. Der Vollständigkeit halber sei jedoch gesagt, dass wir nicht beabsichtigen und für oder gegen eine Impfpflicht auszusprechen und die nachfolgenden Ausführungen ausschließlich unsere Gedanken widerspiegeln.

Was spricht für eine Impfpflicht?

  • Pflegekräfte betreuen zumeist mehrere Patienten. Dabei ist z. B. bei der Körperpflege direkter Körperkontakt unvermeidbar. Pflegekräfte stellen bei einer nicht oder nicht frühzeitig erkannten Corona Infektion ungewollt Multiplikatoren dar. Fallen Pflegekräfte aufgrund eigener Erkrankung aus und / oder müssen sich in Quarantäne begeben, besteht zudem die Gefahr, dass die Pflege in Pflegeheimen, aber auch durch mobile Pflegedienste nicht mehr oder nur stark eingeschränkt gewährleistet werden kann (so z. B. in der nordhessischen Kleinstadt Fritzlar, in der in einem Pflegeheim mehrere Bewohner und Pflegekräfte am Corona Virus erkrankt warten; Quelle: HNA.de: Schwalm-Eder: Altenheim-Personal wegen Corona am Limit – „Können das nicht alleine schultern“ v. 18.12.2020). Getreu der Redewendungen „Der Zweck heiligt die Mittel“ oder „Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen“ erscheint somit eine Corona-Impfpflicht ein mögliches (geeignetes) Mittel, um diese beiden Gefahren abzuwenden. Bei dieser Betrachtungsweise wird folglich das Gemeinwohl und im Ergebnis der Schutz der Gesellschaft über die eigenen Interessen gestellt.
  • Eine allgemeine Impfpflicht stellt darüber hinaus einen Ausdruck von Solidarität dar. Das Corona-Virus ist nicht nur durch einzelne Personen verbreitet worden, sondern durch die Bevölkerung. Die deutsche Bevölkerung hat daran ihren Anteil. Mit einer Impfpflicht würde auch die gesamte Bevölkerung dazu angehalten werden, einen eigenen, für jeden Menschen gleichen, Beitrag zur Beendigung der Pandemie zu leisten.
  • Bei einer anzustrebenden Beendigung der Pandemie spielt auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Eine ausnahmslose Impfpflicht eignet sich zur schnellen Unterbrechung von Infektionsketten. Dies ermöglicht die Unterbindung von Neuansteckungen. Je schneller der Lockdown beendet wird, desto eher kann auch die Wirtschaft wieder in den Normalbetrieb übergehen und sich erholen.
  • Schließlich handelt es sich mit der Pockenimpfpflicht in den 1970er Jahren um ein gutes Beispiel zum Umgang mit einem Virus. Pocken gibt es heutzutage in Deutschland nicht mehr Die damals gewonnenen Erkenntnisse sowie heutige Wissen eignen sich als Vorlage, eine Corona-Impfung effizient umzusetzen.

Was spricht gegen eine Impfpflicht?

  • Mit Blick auf das Bekanntwerden der Pandemie (Ende 2019) und die kurze Dauer der Impfstoffentwicklung führen Kritiker als Hauptargument gegen eine die Impfpflicht die Angst vor noch unbekannten und unerforschten Langzeitfolgen und Nebenwirkungen aus. Die Entwicklung von Impfstoffen erstreckt sich üblicherweise über mehrere Jahre. Erste dann liefern Studien genügend Informationen über Langzeitfolgen. Durch das hohe Infektionsrisiko und die schnelle Ausbreitung des Corona-Virus fehlt es an Zeit, hierüber Daten zu gewinnen. Dies birgt ein erhebliches Risiko. Es schürt zugleich Ängste und Vorbehalte schürt.
  • Hinzu kommen bei der Umsetzung einer Impfpflicht erhebliche praktische Probleme. Soll sich die Impflicht zunächst auf Pflegekräfte erstrecken, so wird es hier Grenzfälle geben, wer zunächst von der Impfpflicht betroffen ist und wer nicht (Vertretungsregelungen, Praktikanten, Kündigung usw.). Würde sich die Impfpflicht im zweiten Schritt auf die Gesamtbevölkerung erstrecken, könnten Klagen folgen. Eine Impfpflicht bedeutet nach Expertenansicht einen Eingriff in demokratische Grundrechte (insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit).
  • Überdies könnte eine Impfpflicht ohne Aufklärung radikale demokratiefeindliche Strömungen fördern. Unruhen, Streiks und andauernde Demonstrationen könnten die Stabilität des Landes schwächen und die Wirtschaft nachhaltig schädigen.

Es gibt gute Argumente für eine Impfpflicht. Genauso viele gute Gründe gibt es dagegen. Trotz aller Umstände besteht Hoffnung, dass das Virus im weiteren Jahresverlauf seinen Schrecken verliert. Immer mehr Pharmaunternehmen entwickeln wirksame Impfstoffe. Impfzentren und mobile Teams stehen bereit, den Impfstoff an die Bevölkerung zu verabreichen. Bei der Frage nach einer Impfpflicht handelt es sich dennoch um eine heikle Angelegenheit. Hierauf eine Antwort zu geben, gestaltet sich extrem schwierig.

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